Liebe Alle
Ich bin als Leserin schon lange hier dabei und möchte hier gerne unsere Geschichte und Erfahrungen mit Diäten teilen, nachdem ich in diesem Forum schon skeptische Meinungen gefunden habe, möchte ich unbedingt auch die andere Seite vorstellen.
Mir sind die damit verbundenen Schwierigkeiten hinlänglich bekannt. Es gibt kein Einkaufen ohne Studieren aller Inhaltsstoff-Listen, es gibt kein Essen gehen im Lokal ohne langen Interviews mit Koch und Kellner, Es braucht Extra-Behandlungen in Hort, KiGa, Schule und wo auch immer unsere Kinder ohne uns ihre Zeit verbringen. Ich weiß. Und doch. Der Gewinn ist es wert.
Als wir selbst damals mit Ärzten über die Möglichkeiten von Diäten gesprochen habe, ist uns vieles begegnet Skepsis, Warnungen über Risiken, Vorwürfe der Naivität und es wurde uns auch nahegelegt daran zu arbeiten endlich zu akzeptieren, dass Autismus als Erbkrankheit unheilbar ist und wir unser Kind mit solchen Experimenten gefährden.
Nachdem die Verantwortung für unser Kind vor allem in unseren Händen liegt und wir uns ja auch tief in die Materie versenkt hatten, ließen wir die Meinungen der Ärzte als deren Meinung stehen und taten was wir unserer Meinung nach zu tun hatten.
Unsere Geschichte
Unser Sohn war von Geburt an ein sehr gelassenes Kind. Er hat die Entwicklunsschritte halbwegs normal durchlaufen und begann mit einem Jahr zu gehen. Da ich in meinem Studium auch mit dem Thema Autismus, den Hintergründen, Diagnosekriterien, Ansätze der Behandlung auf Basis einer therapeutischen Beziehung usw. konfrontiert wurde - läuteten bei mir schon damals alle Alarmglocken, weil mein Sohn nur unter der Voraussetzung selbständig lief, dass er in der Hand einen Schlüsselbund vor sich her trug und seinen ganze Aufmerksamkeit bei dem Geräusch und Gehüpfe des Schlüsselbunds lag. Er lief, ohne auf etwa anderes zu achten, Hindernisse wie Wände, Gegenstände am Boden, etc. schien er nur bewältigen zu können, weil er sie irgendwie auswendig kannte. Motorisch war er mit der Zeit sehr geschickt, er war vor allem ein Klettermax und sprang aus irren Höhen (bis etwa 180) auf den Boden - ohne Angst, ohne Risikobewusstsein und in der Regel auch ohne Verletzungen.
Sprachlich gab es ganz wenige Worte, die wir als solche erkennen und identifizieren konnten. Die hörten wir dafür monatelang, ohne dass sie an einen bestimmten Kontext gebunden waren. Er reagierte nur sehr selten auf seinen Namen und auf Fragen und Ansprache reagierte er höchstens mit seinem aktuellen Lieblingswort, aber das war dann schon eher der Glücksfall.
Wir befürchteten zwar, dass er uns nicht oder nur schlecht hört, aber eine dahingehende Untersuchung war, wie jede andere, einfach nicht durchführbar, da er nicht ausreichend mitmachen konnte, bzw. aus Panik meist alles verweigerte, was irgendwie nötig gewesen wäre.
Nachdem wir selbst einfach viele verschieden Hör-tests (selbst spontan entworfene) mit ihm durch hatten, kamen wir auf das Ergebnis, das er zwar gut (sehr gut) hört, aber uns nicht verstehen kann und verbale als auch nonverbale Nachrichten nicht ausreichend decodieren kann.
Seine Interessen waren beschränkt auf Ventilatoren und alles was ich irgendwie dreht und auf ein Lieblingsbuch, das wir mit ihm damals stundenlang (!) jeden Tag anschauen mussten (und ihm dabei immer wieder dieselben fünf Gegenstände benennen).
Der Verdacht Autismus war also schon recht schnell da. Die Diagnose hat noch etwas gedauert, war aber dann keine Überraschung.
Die Hilfestellungen die ich bekam, waren leider sehr wenig hilfreich - es folgten naturgemäß Nächte über Monate in eigenständiger Internet Recherche. Der Entschluss es mal mit der GfCf Diät zu versuchen war schnell getroffen. Als ich damit begann war er drei Jahre alt
Es hat sich viel getan. Plötzlich merkten wir, dass er uns verstehen kann. Er lernte schnell einige neue Wörter dazu und konnte uns manchmal auch schon verständlich machen, was er haben will. In 2-Wort-Sätzen. Das waren unglaubliche Fortschritte für uns.
Wir bemerkten aber auch, dass einige Alternativen - z.B. Soya-Kakao - ihn schier unbändigbar (also extrem hyperaktiv) machten. Also musste Soja auch weg vom Speiseplan.
Wir blieben dann mal ziemlich lange dabei. Er bekam auch für Notfälle Enzyme, damit etwaige Sünden nicht so ins Gewicht fielen - allerdings hatte ich den Eindruck, dass er die auch nicht so gut vertrug.
Dann stießen wir auf die GAPS Diät, die noch weit umfangreicher in ihrem Konzept ist - also auch noch etwas schwieriger in der Umsetzung.
Nach einigen Monaten des Kraft Sammelns und einer persönlichen Einführung einer Mama, die das mit ihrem Sohn schon eine Zeit lang umsetzte - starteten wir. Das war wenige Wochen vor seinem 5. Geburtstag
Es war anstrengend. Aber:
Der erste Tag ohne Kohlehydrate war gleichzeitig auch der allererste Dialog mit unserem Sohn. Wir waren fassungslos, gerührt, voll Hoffnung und voller Motivation es wirklich durch zu ziehen.
Dann ging es in den nächsten Wochen Schlag auf Schlag. Er lernte die Bedeutung der Wort "ja" und "nein" - die Erleichterung im Austausch lässt sich gar nicht beschreiben.
Statt seines ständigem Hin- und Herlaufend und mit den Händen "tapsens" konnte er plötzlich auch ruhig sitzen und interessierte sich für das Tun seiner Schwestern.
Er lernte unglaublich schnell, begann in ganzen Sätzen zu sprechen und Inhalte zu verstehen. So war es eine Riesenfreude, dass er seinen 5. Geburtstag wahrnahm. Er wusste, dass er Geburtstag hat, dass er fünf Jahre alt wird, dass die Geschenke für ihn sind und dass sie dazu da sind ausgepackt zu werden.
Die Geburtstage davor, interessierte er sich nur für das Geschenkpapier, aber erst als es (durch Hilfe der Schwester) von den Geschenken herunten war. Er wusste nicht was vor sich ging, kannte kein heute, morgen oder gestern, kannte keine Zahlen und keine Monate, keine Wochentag und keine Tageseinteilung.
Und plötzlich besprachen wir tagelang, wer aus seinem Umfeld wann Geburtstag hat - und er merkte sich von etwa 30 Personen die Geburtsmonate und das Alter. Es war so unglaublich, wenige Wochen davor konnten wir kein "Gespräch" mit ihm führen und uns nur körperlich oder musikalisch mit ihm in Beziehung begeben, wobei seine Sprache damals fast mehr musikalische Elemente enthielt als verbale.
Mittlerweile ist er sechseinhalb und wir sind sozusagen erfolgsverwöhnt. Er geht noch in den Kindergarten, und wird im September eingeschult.
Lesen und Schreiben kann er schon, damit hat er vor einem Jahr selbst begonnen - natürlich haben wir ihn unterstützt, aber wenn er es nicht gewollt hätte, hätten wir uns dabei die Zähne ausgebissen.
Er stellt mittlerweile Fragen, wenn er auch manchmal die Fragewörter verwechselt und beantwortet unsere. Momentan experimentiert (!) er sehr viel mit Prosodie - seine Sprache klingt nicht mehr mechanisch, sondern schon sehr "echt".
Es gibt noch viel zu lernen, aber wir haben viel Vertrauen. Er ist nach wie vor Autist, hat nach wie vor auch einige Tics und Rituale, aber die Nebelwand zwischen uns hat sich gelichtet und er ist neugierig geworden.
Er ist manchmal sehr um seine Schwestern besorgt und spielt - auf seine Art und Weise - auch gern mit Ihnen. Wenn er sich in seine Buchstabenwelt zurückzieht, dann nerven Sie ihn manchmal sehr, aber auch damit kommt er gut klar.
Der Vollständigkeit halber möchte ich deutlich machen, dass die Diät nicht die alleinstehende Behandlung war - nebenbei haben wir auch viel mit Nahrungsergänzungsmitteln auf der körperlichen Ebene getan und auch einige andere Therapie waren mit dabei.
Sonstige Therapien:
Musiktherapie (Luxus-Variante: Mama ist Musiktherapeutin, also viele viele viele Stunden jede Woche, vor allem als er noch klein war, mittlerweile weniger, da wir auch andere Wege zueinander haben),
Original Play (großartig auf der körperlichen Ebene - Spaß für alle)
Frühförderung mit TEACCH und PECS (war auch ok, aber erst nach erstem Diätstart deutlich sinnvoller),
Ergotherapie (hat leider mit der Therapeutin nicht so gepasst - fangen wir bald wo anders wieder an),
Reittherapie (liebt er)
Die Diät allein kann sehr sehr viel bewirken, ich würde sie aber nicht ohne andere Therapien einsetzen, genauso wie ich mit meiner heutigen Erfahrung allen empfehlen würde andere Therapien nicht alleine anzuwenden, sondern wirklich auch die Diät ergänzend dazu auszuprobieren. Wirkung zeigt sich spätestens nach einigen Monaten, eher aber schon nach einigen Tagen: es gibt nichts zu verlieren, aber so viel zu gewinnen.
Mittlerweile gibt es auch deutsche Literatur zum Thema, mit vielen vielen Rezepten - der Einstieg ist also schon ein bisschen leichter als er damals für uns war
http://www.amazon.de/Heile-deinen-Darm- ... words=gaps
Alles Liebe
kleiner Prinz